Die ersten Schwangerschaftsmonate sind geschafft, die Erstausstattung besorgt und Behördengänge erledigt. Der wichtigste und umfangreichste Antrag, das Elterngeld, steht noch bevor und wird ab Geburt des Babys fällig. Und dabei gilt es einiges zu beachten, gerade bei Selbständigen. Die freie Unternehmensberaterin, Fotografin und Mama Stefanie Lehnes hat sich nach der Geburt ihrer beiden Kinder auf Elterngeldanträge spezialisiert und coacht Eltern zu jenem Thema. Für Kids.Bohème stand sie Rede und Antwort zu den wichtigsten Fragen rund ums Elterngeld.
Liebe Stefanie, du selbst hast zwei Kinder und bist selbstständige Unternehmensberaterin. Gab es bei dir Hindernisse zum Thema Elterngeld beziehungsweise würdest du heute etwas anders machen?
Gute Frage und zuerst einmal ein ganz klares JA! Ich würde vieles anders machen heute. Nicht zuletzt, weil ich damals ungeplant Rückzahlungen leisten musste und wir als Eltern auch bares Geld verschenkt haben. Und wir reden hier über Beträge im fünfstelligen Bereich. Damals ging ich fest davon aus, dass Schwangere geschützt sind, dass man ihnen nur Gutes will – beruflich und auch finanziell. Dass man als Solo-Selbstständige aber nahezu keinerlei konkrete Informationen bekommen kann und nicht darauf hingewiesen wird, wenn man Entscheidungen trifft, die das Elterngeld geringer ausfallen lassen, darauf war ich nicht vorbereitet.
Genauso wenig war ich auf offene Diskriminierung in der Schwangerschaft im Freelancer-Bereich vorbereitet. Mir wurden nach Bekanntgabe meiner ersten Schwangerschaft direkt Verträge nicht verlängert bzw. dann auch nicht vergeben – Risiko „Schwangerschaft“ für jegliches Projekt sozusagen. Keine schöne Situation.
Hast du generelle Tipps für Selbständige, um das Elterngeld bestmöglich auszuschöpfen?
Mein wichtigster Tipp: Egal ob solo-selbstständig, nebenberuflich selbstständig, Gesellschafter oder Einzelunternehmung, fange an dich als UnternehmerIn wahrzunehmen. Denn das verändert deine Sichtweise und du verstehst schnell, dass du aktiv Einfluss auf dein Elterngeld nehmen musst. Das beginnt bereits zwei bis drei Jahre vor einer Geburt, nämlich in dem man den Bemessungszeitraum, also den Zeitraum ab Basis dessen deine Elterngeld-Höhe berechnet wird, entsprechend ausgestaltet.
Angenommen ein Elternteil ist teilweise angestellt und teilweise selbständig. Was muss man in dieser Situation beachten?
Für nebenberufliche Selbstständigkeit gelten die selben Regeln, wie für Vollzeit-Selbstständige – mit allen entsprechenden Konsequenzen. Hier gibt es kein Wahlrecht.
Ein GewerbetreibenderIn wird womöglich auch in der Elternzeit das eigene Business weiterverfolgen. Wie verhält es sich da mit dem Elterngeld? Wie viel darf man dazu verdienen und gibt es auch hier wieder Tipps und Tricks, die du empfehlen kannst?
Ja sicher kann und soll das Business auch weitergeführt werden, das ist essentiell. Wichtig ist, dass man seine Zahlen im Detail im Blick hat und möglichst keine Gewinne generiert, denn diese werden ggf. mit dem Elterngeld verrechnet und es kommt zu einer Rückzahlung.
Meist sind Mütter am Anfang mehr eingespannt mit dem neuen Familienmitglied. Wann ist deiner Meinung nach die beste Zeit für Männer, um Elternzeit zu nehmen?
In einer gleichberechtigten Beziehung ist jede Zeit richtig. Hier gibt es weder richtig noch falsch. Meine persönliche Meinung: Männer sollten die Erziehungs-, und Betreuungsarbeit im ersten Lebensjahr viel mehr mitgestalten. Hier ist in den Köpfen aller – Männern und auch Frauen – noch einiges nachzuholen.
Leider ist es auch heute noch Realität, dass Männer oftmals mehr verdienen als Frauen. Macht es da nicht mehr Sinn, dass Männer den kompletten Elterngeldanspruch nehmen und selbständige Frauen dadurch weiterhin dazu verdienen können?
Das kann eine Lösung sein. Wichtig ist zu verstehen, dass für kein Business und kein Elternpaar nur eine Lösung die Beste ist. Es sind viele Faktoren, die hier reinspielen. Zuerst die private Situation: Was wollen wir als Paar? Dann die Business-Situation beider Partner: Was möchte ich für mein Business? Was kann ich noch leisten mit Kind? Und als letztes muss selbstverständlich der finanzielle Rahmen klar sein: Welche Kosten müssen gestemmt werden? Passt das mit meinen Plänen zusammen?
Der Elterngeldantrag ist mit einer der umfangreichsten Anträge, den es zu bewerkstelligen gilt. Wann würdest du den Antrag vorbereiten und wie lange dauert es letztendlich bis jener bearbeitet wird?
Der Antrag selbst sieht komplizierter aus, als er ist. Wenn ich mir über meinen Elterngeld-Bezug klar bin und mir eine passende Elterngeld-Strategie erarbeitet habe, mit der ich mein Business durch die Babyauszeit tragen kann, dann ist das Ausfüllen nur noch Formsache. In der Tat sollte man sich aber einen finanziellen Puffer für die Zeit nach der Geburt anlegen, falls die Bearbeitung länger dauert.
Offiziell wird von zwei bis vier Wochen gesprochen (was ich aus persönlicher Erfahrung meiner zwei Elterngeldanträge auch bestätigen kann). In meiner Community berichten Frauen aber auch immer mal wieder von Bearbeitungszeiten von 12 Wochen und mehr.
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