Stephanie Johne aka Warrior Woman arbeitet, neben ihrer Tätigkeit als Journalistin und Autorin als Doula. Seit der Schwangerschaft mit ihrem Sohn vor vier Jahren arbeitet sie mit Frauen in der Schwangerschaft und begleitet sie bei der Geburt und im Wochenbett. Uns inspiriert Stephanie schon länger durch ihr Tun. Und weil wir finden, dass noch viel zu wenige Menschen von dem Beruf der Doula Bescheid wissen, war es höchste Zeit für eine neue Folge „Inspired by“.
Liebe Stephanie, wie bist du zum Beruf Doula gekommen?
Ich habe bereits in der Schwangerschaft mit meinem Sohn eine unglaubliche Faszination für diese Themen verspürt und zeitgleich auch gespürt, dass unserer Kultur und unserem Gesundheitssystem ein entscheidender Faktor rundum die Schwangerschaft verlorenen gegangen ist: der Zauber. Wir erleben als Frauen diese Zeit ja nicht nur auf körperlicher Ebene als transformierend, sondern vor allem auf emotionaler. Ich wollte daran etwas ändern, durchs Schreiben, aber auch an vorderster Front in der Arbeit mit Familien. Zur Doula-Ausbildung bin ich dann noch im Wochenbett durch eine glückliche Fügung gekommen und habe keine Sekunde gezögert. Mein Sohn war dann immer dabei – mein Doula-Baby.
Auf deiner Webseite sprichst du davon, dass wir in der westlichen Welt verlernt haben, was die Geburt eines Kindes eigentlich ist. Was können wir von anderen Kulturen lernen?
Demut und Vertrauen. Weniger in den eigentlich natürlichen Prozess einzugreifen und damit Frauen wieder das Selbstverständnis und Selbstvertrauen zurück zu geben, dass ihr Körper und die Natur schon wissen, was sie tun. Geburt ist im Westen durch und durch pathologisiert. Was ursprünglich vielleicht eine große Errungenschaft war – und natürlich bei Risikoschwangerschaften immer noch ist – hat uns eigentlich einer wirklich kraftvollen, lebensverändernden Erfahrung beraubt. In anderen traditionellen Kulturen ist dieses Selbstverständnis noch immer Gang und Gebe – Geburt findet nicht ausschließlich hinter verschlossenen Türen statt, Frauen gebären im Kreis von anderen Frauen im eigenen Zuhause und haben selbst schon Geburten von Familienmitgliedern und Freunden begleitet.
Welche Übungen/Hilfsmittel empfiehlst du werdenden Müttern um sich auf die Geburt vorzubereiten?
Weil das für jede Frau sehr unterschiedlich ist, ist das schwer so pauschal zu beantworten. Eine Hebammen-Betreuung und eine Doula in der Schwangerschaft sind schonmal die beste Basis. Sie können mit den Frauen besprechen, was sie sich wünschen und wie sie sich dann am besten vorbereiten. Da eine Geburt schwer planbar ist, ist das Geburtsteam, mit dem wir diesen Prozess erleben umso entscheidender. Mit der Doula gemeinsam Meditationen, Entspannungstechniken und Atemübungen in der Schwangerschaft zu praktizieren – Übungen, auf die dann auch während der Geburt abgerufen werden können – ist schonmal eine gute Basis.
Wichtig ist das Vertrauen, in den eigenen Körper zu stärken und sich mit eventuellen Ängsten und ungeklärten Traumata auseinander zu setzen. Wir werden unter der Geburt so verletzlich und sind gerade in der ersten Zeit danach „so offen“ und emotional, dass ganz oft gerade dann alles hochkommen darf, was angeschaut und gesehen werden will. Ich erlebe in meiner Arbeit als Doula, dass es vor allem diese emotionalen Barrieren sind, die den Prozess dann manchmal behindern.
Die Geburt ist ein Thema, auf das sich vor allem Frauen vorbereiten. Wie können sich Männer deiner Erfahrung nach bei diesem besonderen Ereignis einbringen und ihre Frauen unterstützen?
Oh da gibt es sehr viele Möglichkeiten. Auch hier spielen Doulas oft wieder eine entscheidende Schlüsselrolle, weil sie natürlich nicht nur für die werdenden Mamas, sondern auch die Papas da sind. Sie bereiten die Eltern auf das vor, was kommt. Ich habe oft mindestens einen Termin in der Schwangerschaft mit beiden Elternteilen, manchmal auch nur mit den Vätern, wo wir den Prozess der Geburt durchsprechen und ich den Papas erkläre, wie sich ihre Partnerin in welcher Phase (wahrscheinlich) verhalten wird und wie sie sie in welcher Situation am besten unterstützen können. Das sind Begleitungen, die ich mittlerweile auch online anbiete, weil das gerade in der Vorbereitung sehr gut funktioniert. Wenn es werdende Väter sehr ernst nehmen, kann ich ihnen empfehlen, das Buch von Penny Simkin „The Birth Partner“ zu lesen. Das ist zwar ein echter Wälzer, aber super fundiert und spielt alle Szenarien einer Geburt durch.
Du selbst bist Mutter von einem Jungen. Wie hast du persönlich die Geburt erlebt und wie hat es dich nachhaltig beeinflusst?
Die Geburt von meinem Sohn war sehr aufreibend und am Ende Auslöser für meine Berufung als Doula. Wir haben mit einer Hausgeburt gestartet – im geschützten Rahmen hatte ich ganz viel Möglichkeit des Rückzugs und der Ruhe, war total im Vertrauen und habe alles um mich herum ausgeblendet. Es war die schönste Erfahrung, die ich je gemacht habe. Als nach vier Stunden die Hebamme zu uns gestoßen ist, war die ganze Arbeit offenbar schon erledigt und wir eigentlich schon in der Geburtsphase selbst. Auf dieser letzten Etappe ist erst die Fruchtblase geplatzt – mit leider missfärbigem Fruchtwasser, ein Grund für Hausgeburtshebammen, die Geburt ins Krankenhaus zu verlegen. Das war in dieser Phase natürlich nicht nur abenteuerlich, sondern auch sehr anstrengend.
Im Krankenhaus angekommen, hat man uns unnötigerweise leider offenbar als Notfall eingestuft, auch wenn es dafür nie eine Indikation gab und meine Hebamme sich immer wieder für uns eingesetzt hat. Meinem Sohn ging es durchgehend gut. Binnen einer halben Stunde wurde dann alles an Interventionen aufgerufen, was man aufrufen kann. Das war aber nicht das Schlimmste, das Schlimmste war die Art und Weise, wie das Ganze gemacht wurde, wie ich nicht mehr einbezogen und in all meinen Wünschen übergangen wurde. Nach der Geburt musste ich dann in den OP und konnte erst drei Stunden später wieder zu meinem Sohn. Nach langen Recherchen hat sich herausgestellt, dass nichts davon notwendig war und die Verletzungen durch die Interventionen selbst entstanden sind. Da wusste ich, dass ich an dem System etwas ändern und Frauen bestärken möchte, sich Geburt wieder zu eigen zu machen und als selbstbestimmt erleben zu wollen. So etwas dürfen wir nicht dulden. So lange Frauen in diesem Gesundheitssystem so behandelt werden, hat uns die Emanzipation nirgends hingebracht.
Wie unterscheidet sich die Arbeit einer Hebamme von der einer Doula?
Eine Doula kann eine Geburt nie alleine betreuen, eine Hebamme schon! Wir sind eine Ergänzung zur Hebamme und könne diese niemals ersetzen. Es stellt sich also nie die Frage „Entweder… Oder…“, sondern ist immer ein Miteinander. Doulas sind vor allem emotionaler Support, klären auf, stellen Ressourcen zur Verfügung und können je nach Zusatzausbildungen mit Yoga, Stillberatung, Hypnobirthing, Geburtsvorbereitung, Reiki usw. unterstützen. Viele von uns haben sich auch wie ich auf das Wochenbett spezialisiert und begleiten besonders in dieser Zeit. Ich koche als Ayurveda-Köchin beispielsweise nährendes, speziell auf diese Zeit abgestimmtes Essen und unterstütze auch sonst bei alltäglichen Dingen.
Übrigens: Aktuell arbeitet Stephanie an einem Buch „Milk & Mother“ über das wichtige Thema „Wochenbett“. Ihr könnt das Projekt hier unterstützen.
„Milk & Mother ist das Buch, das ich als frisch gebackene Mama im Wochenbett schmerzlichst vermisst habe! Es geht nicht um die Entwicklung des Babys, sondern um uns als Frauen. Mit welchen physischen und psychischen Herausforderungen sehen wir uns in dieser transformierenden Lebensphase konfrontiert, wie nähren wir uns in dieser fordernden Zeit richtig – körperlich wie seelisch? Welche Gedanken, Sorgen, Ängste aber auch Freuden beschäftigen uns?“
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